Manchmal kann die Kombination aus alt und neu zu verblüffenden Ergebnissen führen. Es gibt ein paar phantastische Objektive aus analogen Zeiten, die sich mit Adaptern gut an moderne Digitalkameras anschliessen lassen. Eines davon ist das russische Helios 40-2 85mm f1,5 Portraitobjektiv. Über diese Linse gibt es im Internet viele technische Informationen die man leicht finden kann - ich gebe hier ein paar Anwendungstips, die auf persönlicher Erfahrung beruhen.
Eines vorweg: Das Helios 40 ist ein rein manuelles Objektiv! Wer ohne Aufofokus, Vollautomatik, Blendensteuerung und Stabilizer nicht fotografieren mag, der sollte die Finger von dieser Optik lassen. Man muss beim arbeiten mit dem Helios gewissenhaft scharfstellen und manuell abblenden. Es ist keine Linse für Schnappschüsse!
Das Objektiv ist ein echter "Brocken", es wiegt ein knappes Kilo. Dafür ist es mit f1,5 sehr lichtstark und ziemlich solide verarbeitet. Das Helios 40 genießt in manchen Kreisen inzwischen Kultstatus und wird respektvoll als "Bokeh-Monster" bezeichnet. Nicht ganz zu Unrecht, wie ich finde.
Das Helios 40 besitzt eine manuelle Vorwahlblende - im Gegensatz zur Springblende vieler M42 Objektive. Man wählt die gewünschte Blende an einem Einstellrad vor, die Blende bleibt aber offen. Dreht man nun den zweiten Blendeneinstellring bis zum Anschlag, schließt sich die Blende auf den eingestellten Wert. Das ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, man hat die Funktion aber schnell im Griff.
Durch seine hohe Lichtstärke von 1:1,5 liefert das Objektiv bei offener Blende eine sehr geringe Schärfentiefe. So kann man Objekte vor einem wunderbar unscharfen Hintergrund freistellen, während die Unschärfe sich um die Bildmitte zu zentrieren scheint.
Meistens benutze ich es aber auf Digitalkameras. Um den "Swirl-Bokeh-Effekt" im Hintergrund richtig ausnutzen zu können, sollte man dieses Objektiv auf einer Digitalkamera mit Vollformatsensor einsetzen.
Auch der Abstand zum Objekt hat Einfluß auf den Effekt - je näher man herangeht, desto stärker wird logischerweise der Unschärfeeffekt im Hintergrund. Aber die geringe Schärfentiefe macht andererseits Portraits aus zu kurzem Abstand unmöglich. Hier muss man also einen funktionierenden Kompromiß finden.
Abendlicht mit Helios 40-2 85mm,1/200sek, f1,5, ISO 1600
Die Schärfentiefe ist so gering, daß man sehr sorgfältig scharfstellen muss. Das Model kann durch eine kleine Bewegung sofort die Schärfeebene verlassen.
Nachtportrait mit Helios 40-2 85mm
1/50sek, f1,5, ISO 1600
Nachtportrait mit Helios 40-2 85mm
1/30sek, f5,6, ISO 1600
Das Objektiv ist - so genutzt - immer noch ein schönes Portraitobjektiv, verliert aber meiner Meinung nach seinen speziellen Charakter.
Nachtportrait mit Helios 40-2 85mm
1/20sek, f8, ISO 1600